Natürlich Leben

Als Selbstversorger steht man immer wieder vor der Frage, „was ist wie und mit welchem Aufwand zu erreichen?“ Wie haben das andere Kulturen in früheren Zeiten gelöst?

Im 16ten Jahrhundert standen die ersten Auswanderer in Amerika vor dem Hungertod. Mit dem, was sie über die Landwirtschaft wussten, hatten sie keine Chance zu überleben! Die Ureinwohner im Nordosten der USA, die Wampanoag Indianer, brachten den Siedlern eine ganz besondere Anbauform bei. Die Milpa. Diese wird auch als „Kultur der drei Schwestern“ bezeichnet. Man versteht darunter eine Mischkultur aus Mais, Bohnen und Kürbis. Mit dieser Methode der Lebensmittelerzeugung konnten die Siedler zukünftig ihre Ernährung sicherstellen.

Für uns als Selbstversorger ist eine Milpa nach der Technik der Wampanoag (1) sehr einfach zu handhaben.

Die Indianer haben im Abstand von ca. 1,2 m kleine Hügel geformt und mit Mais und Bohnen in Mischkultur bepflanzt. Zwischen diesen Hügeln befanden sich die Kürbispflanzen.

Die Raffinesse dieser Technik: Mais dient als Rankgerüst für die Bohnen und liefert Kohlenstoff über die Wurzelausscheidungen in die Erde. Die Bohnen bringen Stickstoff aus der Luft in den Boden ein. Der Kürbis als Symbiose-Partner profitiert von dem gesteigerten Nährstoffangebot.

Dr. Christine Jones beschreibt in ihrem Vortrag (2) die Zusammenhänge und  Grundlagen dieses Anbausystems.  

Pilze transportieren Nährstoffe und Wasser bedarfsgerecht zwischen den Pflanzen und sorgen damit für Wachstum, auch bei immer trockener werdenden Sommern.

Voraussetzung für die Funktion dieses Anbausystems ist ein völliger Verzicht auf agrochemische Pflanzenschutzmittel. Nur so kann sich die dafür notwendige Pilzstruktur im Boden entwickeln. Die Bodenpilze sind das entscheidende Leitungsnetz zum Transport der Nährstoffe (3) zwischen den unterschiedlichen Pflanzen im Boden. 

Die Ureinwohner in Nordamerika haben’s gewusst und einfach gemacht. Wir haben das ganz kompliziert, aufwendig und kostspielig erforscht, nur um zu erkennen, dass ihr System perfekt funktioniert.

Wie sieht nun die praktische Umsetzung bei uns aus?
Das größte Problem bei dieser Kulturform sind in unseren Breiten die Nacktschnecken. Deshalb habe ich meine Milpa in Kupferringen mit einem Durchmesser von ca. 60 cm und einer Höhe von 20 cm angelegt (siehe Bild oben).

Entgegen der Tradition der Indios habe ich den Kürbis, die Bohne und den Mais zusammen in einem Ring angesät. Die Pflanzen sind so zu Beginn der Entwicklung vor Fraßschäden durch Schnecken geschützt und können unverletzt wachsen. Überschreiten die Kürbispflanzen den Kupferring, werden sie stark genug sein um die Schnecken auszuhalten.

Zur Aussaat haben die Pflanzen eine Unterfußdüngung aus Wurmkompost mit Holzkohle erhalten. Auch das entspricht wieder dem Vorbild der Indios, die ihr Pflanzensubstrat aus den Reststoffen des Haushalts (inkl. der menschlichen Ausscheidungen) mit Holzkohle hergestellt haben. Bei mir entsteht das Substrat für die Unterfußdüngung durch die Wurmkompostierung. Wie sich die Pflanzenkultur entwickelt, bleibt spannend.

Für den Selbstversorger nicht ganz unwichtig: Mais und Bohnen sind ohne jede Technik leicht zu ernten und lange haltbar. Der Kürbis kann ebenfalls bis zu 6 Monate gelagert werden.

Auch für die technisierte Landwirtschaft ist dieses System interessant. Deshalb teste ich auf einer Versuchsparzelle die Kombination aus Bohnen, Mais und Sonnenblumen im Reihenanbau.

Der kombinierte Anbau von Körnermais und Bohnen ist in der Steiermark/Österreich bereits seit Langem ein bewährtes System, das mit der Sonnenblume als dritten Partner ergänzt werden soll. Die verschiedenen Körner können schließlich mit bewährter Verfahrenstechnik geerntet und sortiert werden.

Hier gilt wiederum die Regel: Kohlenstofflieferant und Stickstofflieferant bringen die Nährstoffe in den Boden. Die großblättrigen Pflanzen sind die Nutznießer des gesteigerten Nährstoffangebotes. 

Das Saatgut: Bei meinem Maissaatgut handelt es sich um eine samenechte Körnermaissorte. Als Bohnensorte verwende ich die Steirische Käferbohne. Diese Bohnen werden bereits in Mischkultur mit Mais produziert und sind deshalb an das Zusammenleben mit dem Mais gewöhnt. Bei den angebauten Sonnenblumen ist mir die Sorte leider nicht bekannt.

Die Sonnenblumen, als großblättrige Pflanzen, sollten in dieser Kombination von einem reichhaltigen Nährstoffangebot profitieren.

Wie sich das System in der Praxis entwickelt, hängt vom verwendeten Saatgut ab. Es wird sich zeigen, wer mit wem kann oder nicht kann. Das ist wohl fast wie bei den Menschen.

Von den besten Pflanzenpaarungen werde ich Saatgut gewinnen um die Kombination weiter zu führen. Nach meinen bisherigen Beobachtungen sind immer drei Pflanzengenerationen notwendig, bis eine Anpassung an die Kulturbedingungen zu erkennen ist.

Bis zur Ernte im Herbst werden wir ein Stück schlauer sein. Dann ist es Zeit, über die sich ergebenden Fragen nachzudenken und die Anbaumethode weiter zu entwickeln, damit das System wieder ein Stück weiter in Richtung natürliche Landwirtschaft gelenkt werden kann.

„holzgasjournal – hier sind Sie mittendrin statt nur dabei!“

Ihr

Hans Söhl

PS: Wenn mit Ihrer Milpa-Kultur alles gut läuft, ernähren Sie sich ab jetzt von „Chilli con Kürbis“. Dazu fehlt allerdings noch der Chilli. Wie Sie diesen perfekt kultivieren, schreibe ich Ihnen ein anderes Mal. 🙂

Quellen:

(1)       ithaka: http://www.ithaka-journal.net/mit-milpa-und-pflanzenkohle-zu-humus

(2)       Milpa, Kohlenstoff Stickstoff und Breitblättrige Pflanzen: https://www.youtube.com/watch?v=-_T59LAuCJc

(3)       Bodenpilze: https://www.pflanzenforschung.de/de/journal/journalbeitrage/symbiose-als-naehrstoffmarkt-1459

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