Humus
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Am 14. bis 15. November fand die Fachtagung Pflanzenkohle 2019 statt. Ich war mit einem Vortrag an der Tagung beteiligt.

Es wurden drei Themenschwerpunkte diskutiert: Rechtssituation, Klimawandel, Anwendung in der Praxis. Die wichtigsten Punkte habe ich hier für Sie zusammengefasst.

Konfuse Genehmigungssituation

Ein Mitarbeiter der PYREG GmbH berichtete von den Schikanen, die den Anlagenherstellern von den Genehmigungsbehörden entgegenschlagen.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die zuständigen Behörden und beteiligten Institute das, was die Politik und die Bevölkerung wünschen, mit aller Gewalt zu verhindern suchen. Wenn Bodenkundler von staatlichen Einrichtungen bei Vorträgen Fakten von verschiedenen Verfahren der Verkohlung, der verwendeten Rohstoffe und letztendlich der Anwendungsart so durchmischen, dass am Ende immer ein negatives Ergebnis entsteht, ist die Ablehnung durch die Behörden wohl eine Folge von Falschinformation und Desinteresse.

Eine Pflanzenkohleproduktion genehmigen zu lassen ist wie ein Hürdenlauf. Nur mit der hinterhältigen Abwandlung, dass für jede genommene Hürde eine neue Hürde aufgestellt wird.

Die Frage ist, geht dem Läufer die Kondition aus, oder dem Hürdenaufsteller die Hürden?

Was steckt hinter dieser Vorgehensweise? Das würde mich brennend interessieren!

Ein Beispiel ist die Carbonisierung von Klärschlamm mit dem PYREG-Verfahren. Obwohl alle Schadstoff-Grenzwerte eingehalten werden, verhindert der Behördenapparat durch Genehmigungen, die kurz vor dem Betriebsbeginn wieder einkassiert werden, die Produktion. Eine identische Anlage zur Klärschlammcarbonisierung, die in Schweden installiert wurde, hat die Betriebsgenehmigung nach Vorlage der Laborergebnisse dort innerhalb von sechs Wochen erhalten. Diese Anlage erzeugt in Schweden jetzt ein völlig unbedenkliches Düngemittel für die Landwirtschaft. Aufgrund des gültigen Rechtsstandes bzgl. des freien Warenverkehrs innerhalb der EU wird folglich in Deutschland ein entsprechend den gesetzlichen Vorgaben unbedenkliches Pyrolysat aus Klärschlamm produziert. Dieses darf jedoch nicht verkauft werden da für die Pyrolyseanlage keine Betriebsgenehmigung vorliegt.

Wird das Pyrolysat nach Schweden gefahren und von dort als Düngemittel wieder zurück nach Deutschland importiert ist aus dem pyrolysierten Klärschlamm ein legales Düngemittel geworden, das auch in Verkehr gebracht werden kann.

Erlaubt ist es, radioaktiven, uranbelasteten, industriell hergestellten Phosphordünger auf die Felder auszubringen. Unbelasteten Klärschlamm carbonisiert auf legalem Weg wieder in den natürlichen Kreislauf einzubringen, wird jedoch unmöglich gemacht.

Die deuschen Behörden verhindern die Zulassung durch die Vergabe der Entscheidungsfindung an einen wissenschaftlichen Beirat. Dieses Gremium ist beratend tätig, kann somit keine Zusage oder Ablehung aussprechen, sondern nur beraten. Wie lange die Beratung der Entscheidungsträger dauern darf, ist nicht definiert. Wird ein Antrag auf Grundlage der Beratung durch den wissenschaftlichen Beirat abgelehnt, beruft sich die Genehmigungsbehörde auf die Empfehlung des Beirates. Diese Entscheidung ist rechtlich nicht anfechtbar, da der Entscheider sich auf die Empfehlung beruft, was rechtilch korrekt ist, die Empfehlung aber außerhalb des einklagbaren gesetzlichen Rahmens ausgesprochen wird.

Somit wird eine Entscheidung in einem rechtsfreien Raum gefällt.

Ein Großteil der Politik und Behörden ist oft falsch oder gar nicht informiert, hat kein Interesse an der Carbonisierungstechnik und fürchtet es deshalb eine Entscheidung auf diesem unbekannten Gebiet zu treffen.

Hier hat der Fachverband Pflanzenkohle mit seinen sehr kompetenten Fachleuten aus Wissenschaft und Technik seine Unterstützung angeboten.

Es kann doch nicht sein, dass durch den bürokratischen Moloch alle sinnvollen Lösungen im Keim erstickt, bzw. durch unendliche Zuständigkeitsentscheidungen unmöglich gemacht werden.

Wollen wir im Klimaschutz und Humusaufbau vorwärts kommen, brauchen wir staatliche Organe, die als Motivatoren und nicht als Bremsklötze wirken.

Trotz vieler Schikanen werden wir nicht locker lassen, diesen hervorragenden, für das Gesamtsystem Boden-Energie-Mensch so bedeutenden Weg zu gehen.

Praxis

Herr Abächerli hat die Anwendung der Pflanzenkohle in Stall und Hof dargestellt. Ein wichtiger Aspekt ergibt sich aus seiner Angabe der Pflanzenkohlemenge in der Tierfütterung.

Werden ca. 0,4 % bis 0,8 % des TS-Gehaltes des Futters in Form von Pflanzenkohle beigemischt, ergeben sich sehr positive Effekte für die Tiergesundheit und die Nährstoffspeicherung in den tierischen Ausscheidungen.

Das entpricht in etwa 175 g Futterkohle je Tag und GV.

Vergleicht man diesen Wert mit den Empfehlungen zur Güllebehandlung, findet sich in Summe die gleiche Pflanzenkohlemenge durch die Fütterung in der Gülle, wie sie in der Gülleaufbereitung zugesetzt werden soll.

Es stellt sich damit eine Konzentration von ca. 1 kg Pflanzenkohle je kg N der in 1 m³ der Gülle enthalten ist, ein.

Mein Beitrag zu der Tagung war die Anwendung und Entstehung der schwarzen Erde aus der Fläche heraus.

Agroforstkultur und Zwischenfrüchten kommen dabei als Rohstoffquellen die tragende Bedeutung zu.

Das Holz wird nicht nur als Energiequelle genutzt, sondern findet auch als Ausgangsmaterial für die Holzverarbeitung Verwendung.

Die Wertschöpfung aus hochwertigen Hölzern stellt einen bedeutenden sozialen Aspekt dar. Vom Vater gepflanzt, wächst die Rente für den Enkel. In der Schreinerei meiner Eltern habe ich oft erlebt, wie mein Vater ehrfurchtsvoll von einem besonders schönen Stück Holz gesprochen hat. Wer diese Wertschätzung erlebt, hat einen ganz anderen Blickwinkel auf das Material Holz. Eines zeigt die Geschichte: Für hochwertiges, schönes Holz gibt es immer einen Markt.

Ein weiterer Nutzen ist das Laub. Grün geerntet ist es eine noch weitgehend unbekannte Nährstoffquelle. Mit der Fermentation von grünem Laub können Sie eine Art Kuh-Urin ohne Kuh herstellen und so die Pflanzenkohle mit Nährstoffen veredeln.

Sie bringen damit die Nährstoffe und vor allem die Mikrobiologie der Bäume mit aufs Feld.

Durch die Carbonisierung des Holzes entsteht Energie und Pflanzenkohle, die Sie in Ihrem Hof gewinnbringend einsetzen können. Mit der erzeugten Energie können Sie den Einsatz von Öl und Gas vermeiden, mit der Pflanzenkohle CO2 in den Boden bringen.

Humusaufbau und Klimaschutz durch Energieerzeugung – das kann nur ein Kreislauf aus Agroforst, Carbonisierung, Kompostierung und Flächenrotte.

Klimawandel

„Klimawandel – wir müssen was tun und zwar sofort!“

Ein großes Thema der Tagung war der Klimawandel.

Es wurde ganz deutlich gezeigt, dass CO2-Vermeiden bei weitem nicht genügt um die Klimaschutzziele zu erreichen. Durch die Einsparungen wird die CO2-Belastung zwar geringer, aber es ist noch keine echte Reduktion zu erreichen.

Nur durch eine Entfernung des CO2 aus der Atmosphäre und die anschließende Einlagerung ist die Möglichkeit gegeben um die Klimasituation zu entschärfen. Die wirtschaftlichste und umweltfreundlichste Form der Einlagerung ist die Carbonisierung von Pflanzenmaterial. Die entstehende Pflanzenkohle, in den Boden eingebracht, bewirkt neben dem beschleunigten Humusaufbau auch gleichzeitig eine Entgiftung der Böden und stellt damit einen aktiven Grundwasserschutz dar.

Energieerzeugung mit CO2-negativem Fußabdruck auf Grundlage der Carbonisierung von kohlenstoffreicher Biomasse aus Agroforstkultur wird als das größte Potential gesehen, um dem Klimawandel entgegen zu treten.

Die Pflanzenkohle wird nach der Veredelung mit organischen Nährstoffen auf die landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht. Durch die Einwirkung der Pflanzenkohle auf das Bodenleben führt somit Energieerzeugung zu einem enorm beschleunigten Humusaufbau.

Pflanzenkohle entwickelt sich immer mehr zu einem Werkzeug mit unglaublich großem Potential!

Bei der Besichtigung einer Carbonisierungsanlage wurde allen Teilnehmern klar vor Augen geführt: Die Technik zur Umsetzung dieses Weges ist vorhanden.

Es müssen jetzt Verknüpfungen zwischen Produzenten, Anwendern und CO2-Zertifikat-Ausstellern geschaffen werden, um eine möglichst hohe Tranparenz zum Verbleib des Kohlenstoffes und zur Wirtschaftlichkeit des Gesamtprozesses zu erreichen.

Im Gegensatz zu so manchen CO2-Zertifikaten, die lediglich auf die Einsparung ausgerichtet sind, wurde bei der Tagung ein Zertifikatshandel mit echtem Kohlenstoff vorgestellt. Das System befindet sich in der Testphase. Es wird somit bald möglich sein, Zertifikate auf eine echte CO2-Einlagerung zu erwerben.

Die Zielvorgabe für den Preis sind 100€/to eingelagertes CO2.

Ein System zur Umsetzung und transparenten Darstellung für alle Beteiligten des Prozesses wurde vorgestellt.

Agroforst, verknüpft mit einer Pflanzenkohleerzeugung und anschließendem Verkauf von Zertifikaten, wird so für den landwirtschaftlichen Betrieb auch ohne staatliche Einmischung interessant!

Terra Preta Nova – für die wertvollste Kohle brauchen Sie keine Bank!

Griaßde Hans,
ich bin froh, dass du das wichtige Thema Pflanzenkohle bearbeitest.
Durch deine Informationen werden mehr Personen angeregt, sich mit der Pflanzenkohle zu befassen.
Der große Anfall von Käferholz liefert den Grundstoff für die Kohleproduktion.
Die Verwendung von Pflanzenkohle im Stall, als Güllezusatz und auf dem Acker bringt Vorteile, die erst erkannt werden müssen.
Wenn man auf deinen Seiten blättert, sind wertvolle Anregungen zu finden.
Gruß Sepp

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